„Métissage" als Konzept in den Geisteswissenschaften zur Erklärung kultureller Fusionen: das Beispiel Neu-Frankreich im 17. und 18. Jahrhundert

von Devrim Karahasan

 

Abstract

The concept of „métissage" - paralleled by the notions „miscegenation” and “hybridity" - is currently witnessing huge attention in the various disciplines of the humanities. Authors who reflected upon its sociological, ethnological, historical, philosophical and anthropological dimensions include Claude Lévi-Strauss, Jean-Loup Amselle, Jean-Luc Bonniol, Serge Gruzinski, Gilles Havard and others. The article discusses the most recent debates on the concept of métissage, in connection with arguments put forward in the context of genocide studies and globalisation theories. On this background, it presents the case study of New France from the 17th to the 18th century. Mixed marriages between Indian women and French settlers/traders there were part of a colonial policy to advance French assimilation and Catholic conversion, which were often also made the very preconditions for celebrating such unions.

 

Die Beschäftigung mit dem Konzept der „métissage" erlebt gegenwärtig eine Konjunktur, die sich in geisteswissenschaftlichen Disziplinen durch einen kursorischen Blick auf Bücher, Papers und organisierte Workshops nachvollziehen lässt.1 Wer zum Thema „Kultur und Assimilation" arbeitet und sich der Problematik von Annäherung, Mischung und Überschneidung zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen widmet, stößt unweigerlich auf diesen in akademischen Kreisen geläufigen französischen Begriff, neben dem verwandte englischsprachige Konzepte wie miscegenation und hybridity ebenfalls populär sind.2 Die Fülle an Autoren reicht hierbei von der Chicana-Autorin Gloria Anzaldúa mit ihrem Werk Borderlands/La Frontera: The New Mestiza (1987), das „mestizaje" in seiner spanischen Variante weit über biologische Konzeptionen hinausgehend diskutiert, über den indianisch-weißen Autor Gerald Vizenor, der sich wiederholt den mixed-blood studies widmet, bis hin zu Suzette Mayrs oder Lawrence Hill, die in ihren literarischen Schriften ihre eigene afrikanisch-europäisch-kanadische „mixed-racedness" problematisieren, indem sie die Sicht der Subalternen darstellen.3

In der Vergangenheit waren es dagegen vorwiegend französische Klassiker des 19. Jahrhunderts wie Comte Artur de Gobineau, der als dubioser Verfechter klassischer Rassentheorien im Gefolge anthropologischer Konstrukte vom Menschen und seiner Artgenossen gelten darf.4 Claude Lévi-Strauss als Vertreter des 20. Jahrhunderts fungiert eher als Theoretiker im Allgemeinen qua seiner Schrift „Race et Histoire", weniger jedoch als Experte zum spezifischen Thema der sogenannten „Völkermischung", die begrifflich stets von den kulturellen Eigenarten und Unterschieden zwischen den Völkern und Nationen ausgeht.5 Im späten 20. Jahrhundert sind es weiterhin vorrangig Franzosen wie Jean-Loup Amselle, Serge Gruzinski, François Laplantine, Nelly Schmidt, Gilles Havard, Alexis Nouss und das Autorenduo Marimoutou/Raccault, auf die verwiesen wird, aber auch René Duboux, Roger Toumson, Jacques Audinet und Jean-Luc Bonniol sind mit von der Partie. Allesamt haben sich weitgehend der theoretischen Dimensionen des Phänomens métissage angenommen und dabei soziologische, ethnologische, historische, philosophische oder anthropologische Überlegungen angestellt oder einen ausgiebigen Einblick in die Literaturproduktion zum Thema vorgenommen.

Augenfällig ist bei den meisten Beiträgen über métissage, dass eine Vielfalt an Definitionsversuchen vorherrscht, die eher Verwirrung stiften denn zur Klärung darüber beitragen, was „métissage" ist und war und was nicht. So reichen die Erklärungsansätze vom Machtinstrument, welches kulturelle Mischung qua Autorität des Staates oder der Kirche entweder verbieten oder erlauben wollte, bis hin zu synkretistischem Symbolismus6 und kultureller Assimilation.7Als Schlagwort eignet sich „métissage" dabei vor allem zur Propagierung aller Arten von Mischung, sei es der unterschiedlichen „Rassen", der Kulturen oder deren Produktion von Kunst, Musik und Literatur. Ein virtueller Suchvorgang unter dem Stichwort „métissage" ergibt eine Vielzahl an Verweisen auf autobiographische Literatur, Jazz und Rock sowie auf Kunstproduktionen verschiedener Stilrichtungen. Selbst Weinproduzenten haben den Begriff für sich entdeckt und führen ihn auf ihren Werbeseiten auf. Somit konnte sich der Begriff “métissage" sowohl im Wissenschaftsbetrieb als auch außerhalb dessen und auch jenseits von Frankreich weitgehend etablieren. Ein Missverhältnis zwischen neuerdings Konjunktur im Wissenschaftsbetrieb und populärem Sprachgebrauch bleibt jedoch bestehen und erklärt sich nicht zuletzt aus dem Umstand, dass Anglizismen noch immer größere Verbreitung finden als Worte französischen Ursprungs, solange jedenfalls wie die jeweils Sprechenden keinem Snobismus anhängen und französische Ausdrücke lediglich der Demonstration von Kulturbeflissenheit halber im Mund führen.

 

Die Ambivalenz des Konzepts „métissage" zur Beschreibung eines neuen definitorischen Raumes

     Reinhart Kosellecks der Begriffsgeschichte geschuldete Unterscheidung zwischen „Wort" und „Konzept" besagt, dass ein Konzept selbst in einem spezifischen historischen Kontext stets ambivalent bleibt, während ein Wort zumeist eine präzise Wortbedeutung aufweisen kann.8 Aufgrund der zahlreichen Definitionsversuche und wechselnden Kontexte von métissage besteht demnach Anlass zu der Vermutung, dass es sich dabei um ein Konzept handelt. Und zwar eines, das sowohl in synchroner als auch in diachroner Verwendung mehrdeutig bleibt. In diesem Zusammenhang sind verwandte Bezeichnungen aus dem Spanischen und Englischen wie mestizaje und miscegenation hinzuzunehmen, die zeitgleich als auch in historischer Entwicklung auftraten.

  Allen diesen Begriffen ist gemeinsam, dass sie auf die Mischung von Arten (lat.: species) verweisen. Dabei bezieht sich das Thema der Mischung zugleich auf soziale Verschiebungen und neue kulturelle Hierarchien. Die Überschreitung von Grenzen und überkommenen Identitätskonstruktionen ist dabei zentral und sie deutet auf eine Orientierung, die aus Altem Neues kreiert und zusammenfügt, nämlich die soziale Kategorie des „Metis". Der sogenannte „Mischling" (Mestize) ist in der Vorstellung der Beobachtenden das Produkt der Mischung und er nimmt somit einen neuen Raum ein, den es zu definieren und zu beschreiben gilt. Dies haben zahlreiche Autoren des 19. und des beginnenden 20. Jahrhunderts bereits unter Überschriften wie „The formation of the mixed human races“9 oder „The personality of mixed bloods“10 zu tun versucht, sind dabei aber zumeist bei der Beschreibung von Pathologien und Abnormalitäten stehen geblieben. So wurden Hybriden „geteilte Loyalitäten" zugeschrieben, die sie dazu zwängen sich mit der jeweils unterprivilegierten Gruppe zu identifizieren, um eine Integration in die Gesellschaft erfahren zu dürfen.11 Der derzeitige demokratische US-Präsident und ehemalige Senator Barack Hussein Obama ist ein schillerndes Beispiel für die Unrichtigkeit dieser Annahme. Kaum ein aktueller Politiker in den USA weiß so sehr die Geschlossenheit der amerikanischen Nation und deren vitale Interessen zu vertreten wie der Sohn eines kenianischen Vaters und einer weißen Amerikanerin aus Kansas, der in Hawaii und Indonesien erzogen wurde, bevor er eine beachtliche juristische und politische Karriere in den USA machte. Seine Identitätskonflikte hat er dabei nie verhehlt.12

    Anthropologische und soziologische Betrachtungen dieser Art haben Autoren seit dem späten 20. Jahrhundert weitgehend überschritten. Sie sind vorgestoßen in eine Richtung, die neben diesen herkömmlichen Charakteristika auch weltpolitische und globalisierungsimmanente Aspekte in den Blick nimmt. So widmete sich der französische Wissenschaftler Jean-Loup Amselle unlängst den Berührungspunkten zwischen métissage und Globalisierung sowie métissage und Völkermord. Dabei konstatiert Amselle unter der ersten Überschrift, dass die Thematik der métissage zwar in zeitgenössischen Gesellschaften, die historisch gesehen einen Bezug zur sogenannten „Blutsreinheit“ aufwiesen, wesentlich sei, métissage aber keineswegs als das Charakteristikum unserer Epoche bezeichnet werden könne, wie es Theoretiker der Globalisierung häufig gerne vorgäben.13 Demnach wäre dem programmatischen Buchtitel von René Duboux zu widersprechen, wonach die Epoche der allumfassenden métissage angebrochen sei: Le temps est au métissage klingt zwar für Befürworter der Völkerverständigung verlockend, wäre demnach gesellschaftspolitisch aber nicht gänzlich korrekt.14 Anglo-amerikanische Autoren wie Benjamin Barber und Samuel Huntington haben unter demokratiegeschichtlicher Perspektive eher den Schock und den Zusammenprall der Kulturen heraufbeschworen, und damit in der Tat publizistische Erfolgsschlager erzielt.15

   Amselle widerspricht den Globalisierungstheoretikern in ihrer fundamentalen Prämisse, dass es sich bei deren Untersuchungsgegenstand um ein post-nationales Phänomen handele. Er setzt dem entgegen, dass es sich bei der Globalisierung weniger um Neues als vielmehr um eine Folge des Dispositiv vorhergehender Globalisierungen handelt. In Afrika beispielsweise sei im 10. Jahrhundert mit der Islamisierung des Westens des Kontinents eine solche Phase eingetreten. Statt der Konfrontation zwischen afrikanischer Tradition und europäischer Moderne das Wort zu reden, beschreibt Amselle diese Phase als eine Kolonisation, in der muslimische Globalisierung und christliche Globalisierung bereits früh aufeinander getroffen seien.16

 

Métissage" und „hybridity": Überschneidungen zweier Konzepte zur Beschreibung kultureller Transgressionen

       Der Begriff der hybridity ist sehr stark der Verwendung durch Homi Bhaba geschuldet, der das Konzept salonfähig machte. Durch die Einführung der Formulierung „the third space" versuchte Bhaba das Produkt der hybridity zu umschreiben als etwas Neues, das aus zwei Teilen hervorgegangen ist.17 Wenn kulturelle Mischung einen dritten Raum okkupiert, deutet dies darauf hin, dass Kulturen sich zunächst in einem zweigeteilten Raum begegnet sind. Dieses Zusammentreffen wird in der historischen Literatur häufig unter der Bezeichnung „encounter" gefasst, was im Englischen nicht lediglich auf eine friedliche Begegnung hindeutet, sondern als Synonym auch für „confrontation" und „unpleasant struggle" verwendet wird.18 Im historischen Kontext Neu-Frankreichs gingen den militärischen und wirtschaftlichen Allianzen zwischen Europäern und Indianern tatsächlich weitgehend blutige Auseinandersetzungen voraus, vornehmlich zwischen Franzosen und Irokesen.

Als Tim Bendyshe in seinen theoretischen Ausführungen zum Thema „Rasse" im Jahr 1864 von „extinction of races" sprach, meinte er weniger das Aussterben dieses kontroversen und ideologieverdächtigen Begriffs als vielmehr das Verschwinden ganzer Populationen. In seiner gleichnamigen Abhandlung verwies er auf die indigenen Bevölkerungen Polynesiens, Ozeaniens, Neuseelands, Australiens und Tasmaniens (wobei er diejenigen Nord- und Südamerikas aussparte), die bei der Begegnung mit den eindringenden Europäern zahlreicher gewesen seien als hernach. Daraus sei von einigen Autoren abgeleitet worden, dass die Bevölkerungszahlen indigener Populationen bis zu ihrer endgültigen Ausrottung stetig fallen müssten. Diese Argumentation schien sich nahtlos in die Vorhersagen von Malthus über die „dying races" einzufügen. Métissage führte demnach nicht lediglich zur Mischung und damit zu einer neuen dritten Kategorie, sondern ebenfalls zum Verschwinden ganzer Bevölkerungsgruppen, die sich insgesamt jedoch viel besser behaupteten als von weißen Europäern und deren statistischen Berechnungen angenommen.

Kontrastreicher könnte die Verwendung des Begriffs "métissage" in der Moderne kaum sein. Die Tatsache, dass selbst Autoren, die auf Webseiten über Firmenfusionen in Japan schreiben, den Begriff "métissage" verwenden, deutet darauf hin, dass der Erfolg des Konzepts sich weit über die Geistes- und Kulturwissenschaften hinaus auf die Bereiche Wirtschaft und Technologie auszudehnen begonnen hat. In der Genetik und der Reproduktionsmedizin findet der Begriff noch wenig Verwendung, könnte aber auch auf diesen Gebieten fruchtbar sein, da Fusionen, Mischungen und Verschmelzungen in einer zunehmend globalisierten Welt an Bedeutung gewinnen.

 

Eine Case Study: Frühneuzeitliche métissage-Politik in Neu-Frankreich und die Strategie kolonialer Entscheidungsträger

Eine solche Fusion lässt sich exemplarisch am Beispielfall Neu-Frankreich anschaulich beschreiben. Den Austausch in der Begegnung zwischen Indianern und Franzosen in Nordamerika ab dem 17. Jahrhundert hat der Ethnologe Gilges angemessen mit den Worten „brauchbare Verbindung" bezeichnet.19 Métissage zwischen indianischen Stämmen und Franzosen in Neu-Frankreich blieb dabei nicht beim Austausch von Produkten und Wissen stehen. So wichtig dieser Austausch auch war - denn er führte beiderseits gänzlich ungeahnte und neuartige Produkte in die jeweiligen kulturellen Systeme ein -, er war doch nicht das Entscheidende in der Begegnung zwischen beiden Gruppen. Der Austausch von Produkten förderte die friedliche Begegnung, umso mehr jedoch taten dies die amourösen Beziehungen zwischen indianischen Frauen und französischen Männern, durch deren Aufeinandertreffen dieser Warenaustausch erst ermöglicht wurde, und die häufig ein Machtverhältnis darstellten, das sich auf vielfältige Weise äußerte. Die Männer trugen größtenteils ihre Waffen, andere Produkte und ihr Wissen bei, während die Frauen geschickte Fertigkeiten und ihre enge Stammesbindung in der wilden Natur Kanadas in diese Beziehungen mit einbrachten. So fand eine gegenseitige Befruchtung auf der interaktiven Ebene statt, die die von Gilges umschriebene “brauchbare Verbindung" auf ideale Weise verdeutlicht.

Auf einer anderen Ebene kam es zu einem Austausch ganz anderer Art: die ersten Grundlagen für die Entstehung des „Mischvolks" der Metis wurden gelegt durch die sexuellen Kontakte zwischen Indianerinnen und Europäern, unter denen die Franzosen in diesem Prozess vermutlich die größte Gruppe ausmachten. Sie waren es, die politische und militärische Allianzen mit den Indianern besonders förderten. Das Mittel der Heiratspolitik spielte hierbei eine entscheidende Rolle. Die Franzosen erkannten sehr früh, dass auf diesem Wege die Indianer in friedlicher Weise gewonnen werden konnten. Französische Könige und Minister in der Metropole erließen daher Dekrete, die diese Heiratspolitik in der Kolonie stützen und vorantreiben sollten. Es war jedoch keineswegs beabsichtigt gewesen, dass diese Heiratspolitik langfristig zur Entstehung eines „Mischvolkes" führen würde, ja man ging davon aus, dass sich die Indianer durch Heirat, für deren Vollzug die Konversion zum katholischen Glauben offiziell zur Bedingung gemacht wurde, Schritt für Schritt an die Franzosen assimilieren und dadurch ein französisches Volk in Übersee entstehen würde, das gleichsam alle Indianer in sich aufnahm: als erstes mit dem Übertritt zum katholischen Glauben, als zweites durch das Erlernen der französischen Sprache und in einem weiteren Schritt durch die Aneignung französischer Sitten.

Das oberste Ziel der Heiratspolitik in der französischen Kolonie in Übersee bestand darin, ihre demographische Zusammensetzung gemäß den Assimilationsanforderungen der Metropole zu verändern. Jedoch verfolgte man in dieser Politik keine klare Linie, sondern änderte die Zielsetzungen und Maßnahmen entsprechend den Veränderungen im moralischen Klima der Kolonie. In der Tat gingen die französischen Autoritäten und Akteure trotz dieses in der Theorie recht eindeutig wirkenden Programms weitgehend unsystematisch vor: die Methoden und Strategien wechselten unaufhörlich und man war sich nicht darüber einig, ob ein konvertierter Indianer einfacher zu „zivilisieren" oder zu „französisieren" sei oder ob es ein solcher Indianer war, der zunächst französisch lernte, um anschließend katholische Rituale zu übernehmen. Eine klare Linie in der Heiratspolitik fehlte vor allem deshalb, weil die einzelnen am métissage beteiligten Akteure tatsächlich konträre Positionen einnahmen. Der französische Jesuit Pierre de Charlevoix beispielsweise war davon überzeugt, dass „die beste Art, sie [die Indianer] zu christianisieren darin besteht, die Französisierung zu vermeiden“.20 Dagegen vertraten manche die Ansicht, dass sogenannte Mischehen (heute: binationale Ehen)21 zu fördern seien, weil nur auf diesem Wege eine Assimilation an die französische Kultur, Sprache und Religion zu erzielen sei. Andere hingegen waren der Meinung, dass diese „Mischehen" aufgrund der als minderwertig angesehenen „rassischen Qualität" indianischen Blutes zu einer Degeneration führen würden. Sobald ein Zuwachs an libertinage und concubinage mit indianischen Frauen zu verzeichnen war, fielen die zunächst offiziell propagierten „Mischehen" daher zunehmenden Verboten zum Opfer. Denn einzelne Amtsinhaber waren der Ansicht, dass diese maßgeblich dafür seien, dass die französischen Kolonisten sich zunehmend dem indianischen Lebensstil anpassten. Dies stand in fundamentalem Gegensatz zu der Grundvoraussetzung, die für eine priesterlich vollzogene „Mischehe" die Konvertierung der indianischen Ehefrau zum Christentum vorsah. Ehen wurden im allgemeinen als stabile Lebensform angesehen und sie sollten als Mittel eingesetzt werden, um die Bevölkerungszahlen zu steigern, indem frühe Familiengründung gefördert wurde. Einerseits sollte das durch diese Ehen erzielt werden, andererseits dadurch, dass französische Kolonisten dazu gebracht wurden, französische Frauen, die eigens aus der Metropole geschickt wurden („filles du roi"), zu heiraten statt die Kolonisten der „Verführung" durch indianische Frauen auszusetzen.

 

Stand der métissage-Forschung in Kanada, offene Fragen und die Quellenlage zu ausgewählten historischen Figuren

Im Hinblick auf „Mischehen" hat Bruce Trigger argumentiert, dass der Wille der französischen Kolonisten, sich mit den Indianern zu mischen zeige, dass sie eher kulturelle denn rassistische Vorurteile hatten.22 Saliha Belmessous hat diese Sichtweise fortgeführt zu der Annahme, dass zu Beginn des 18. Jahrhunderts eine Wendung stattfand von kulturellen zu rassistischen Vorurteilen in der Haltung kolonialer Beamter in der Frage sogenannter „Mischehen“.23 Dies bedeutete, dass die Franzosen nicht länger von der Tatsache geleitet waren, dass sich Indianer von Europäern kulturell unterschieden, sondern dass sie sie als eigenständige Rasse wahrnahmen, mit all den damit assoziierten Eigenschaften wie die Unterschiedlichkeit des Blutes, der Qualität und der Mentalität der Person. Rassismus liegt in der Tat dann vor, wenn ethnokulturelle Unterschiede als angeboren und unveränderlich angesehen werden und negativ konnotiert sind. Es lässt sich feststellen, dass im Gegensatz zu Intoleranz oder kultureller Diskriminierung Rassismus jede Möglichkeit negiert, die Diskriminierten durch einen Wechsel der Identität, der Religion oder der Gebräuche zu assimilieren, geschweige denn zu akzeptieren. In Neu-Frankreich setzte diese Entwicklung ein mit den zunehmenden Beschwerden der Autoritäten über libertinage und concubinage und die anarchischen Umstände, unter denen europäisch-indianische Kontakte erfolgten. Daher wurden von offizieller Seite erste Schritte eingeleitet, diejenigen zu bestrafen, die „Mischehen" ohne die explizite Erlaubnis des Königs oder des Gouverneurs eingegangen waren.24

Während sich die Forschung verstärkt der Frage zugewandt hat, wie métissage als Konzept der Metropole in der Kolonie umgesetzt wurde und wie dadurch der Versuch unternommen wurde, Konversion und Assimilation zu fördern, sind im Einzelnen Fragen nach der Haltung ranghoher Amtsinhaber und Entscheidungsträger für oder gegen „Mischehen“ in der Tat nur unzureichend beleuchtet und differenziert worden. Vor allem im Hinblick auf die Frage, welche Argumente ins Feld geführt wurden, um diese zu verbieten und in welchem gesamtgesellschaftlichen Kontext die entsprechenden Argumente ausgetragen wurden, bleibt ein Desiderat der Forschung zu füllen. Letztendlich wird das Konzept des métissage nur unzureichend verstanden, wenn es nicht eingebettet in seinen Entstehungs- und Entwicklungsbedingungen begriffen wird. Ein rein intellektuell verstandenes Theoriekonzept, das sozial-, kultur- und politikgeschichtliche Dimensionen ausblendet, kann uns keinen Aufschluss darüber geben, welche entscheidende Rolle dieses Konzept beim Aufbau der Kolonie, der Expansion des französischen Kolonialreiches und der politischen Verortung frühneuzeitlicher Akteure gespielt hat. Vor allem die Rolle des Gouverneurs Philippe de Rigaud de Vaudreuils verdient besondere Beachtung, da sie den Übergang von kulturellen zu rassistischen Vorurteilen markiert. Sie eröffnet zudem die Möglichkeit, Rassismus bereits in der Epoche der Frühen Neuzeit zu verorten, was ein wichtiges Desiderat der Forschung darstellt. Bislang ist Rassismus in der historischen Literatur zumeist als ein Phänomen der Moderne beschrieben worden, wobei in der Regel der wissenschaftliche Rassismus des 19. Jahrhunderts gemeint war. In Neu-Frankreich lässt sich zeigen, dass der Rassismus in der Begegnung mit Indianern und hier vor allem in der Politik der „Mischehen“ ausgeprägt war und durch einzelne koloniale Entscheidungsträger beflügelt wurde. In Diskursen, die die angebliche Minderwertigkeit der Indianer postulierten, kam zum Ausdruck, dass man diese Ehen nicht als Wert an sich und aus einem humanistischen Ideal heraus propagierte, sondern weil man sie als Mittel der Kolonialpolitik mit dem Ziel der Assimilation und Konversion einsetzen wollte.

Die symptomatische Rolle, die der Figur des Gouverneurs Philippe de Rigaud de Vaudreuils in der Verbotspraxis aufgrund rassistischen Vorurteils zukommt, lässt sich aufgrund einer überschaubaren Quellenlage recht gut analysieren. Die Archives Nationales in Paris beherbergen die Korrespondenz zwischen Metropole und Kolonie. Dort befinden sich zahlreiche Informationen über die Karriere Vaudreuils, aber vor allem Depeschen, die zwischen dem Kolonialminister und dem Gouverneur der Kolonie ausgetauscht wurden. Es sind vor allem die Séries C11A, C11E, C11G, D2, F3, B1 und C7, darin insbesondere die Dokumente E, 819 und Y, 234. Des Weiteren befindet sich Material in den Archives du Séminaire de Saint-Sulpice und in den Archives du Séminaire de Québec. Die Korrespondenz zwischen Vaudreuil und dem Kolonialminister in den Jahren 1703 bis 1716 wurde im Rapport de l´Archiviste de la Province de Québec veröffentlicht.25 Darüber hinaus sind die Archives de la Haute-Garonne in Toulouse von Interesse (2E, 608, 654). In der Bibliothèque Nationale befindet sich das Manuskript mss. Clairambault 873, wo der einzige handschriftliche Brief von de Vaudreuil  aufbewahrt wird, sowie 1 103 mss. NAF 890.

Demnach drängte Vaudreuil im Jahr 1706 den Offizier Lamothe Cadillac in Detroit dazu, libertinage zu verhindern, indem er Ehen zwischen Indianerinnen und Franzosen wegen der angeblich schlechten Blutsqualität der ersteren verbieten sollte: “Franzosen [nicht] mit Wilden heiraten zu lassen (…) in der Überzeugung, dass man niemals ein schlechtes mit gutem Blut mischen solle (…). Die Erfahrung, die wir in diesem Land haben, dass alle Franzosen, die wilde Frauen geheiratet haben, faule Libertinäre geworden sind und von einer unerträglichen Unabhängigkeit, und dass die Kinder, die sie hatten, von einer Untätigkeit waren so groß wie die der Wilden selbst, macht es dringlich, dass diese Art der Ehe verhindert wird.” Am 12. Januar 1719 wiederholte Vaudreuil seine Beschwerde vom Februar 1716 gegenüber dem Duc d´Orléans und berichtete, dass der Bischof von Québec Offiziere und Soldaten ohne die Erlaubnis des Generalgouverneurs verheirate. Vaudreuil verlangte nach einem königlichen Erlass.26 Am 16. Mai 1719 reagierte der Conseil de Marine und erließ ein Dekret.27 Am 23. August 1720 empfahl der Maréchal d´Estrée, dass jedes Jahr 30 Mädchen aus Frankreich geschickt werden sollten, und zwar nicht solche, die zum vorherrschenden „Chaos" beitragen würden, sondern solche, die stabile Ehen mit den Soldaten eingehen und führen würden.28 Am 23. Dezember 1721 erließ der Conseil de Marine eine Empfehlung als Reaktion auf Vaudreuils Beschwerden und forderte, dass der Bischof die Erlaubnis vom Generalgouverneur erhalten solle, französische Ehen von Soldaten und Offizieren zu vollziehen. Der Bischof reagierte hierauf und stellte fest, dass Vaudreuil die Heirat von Soldaten für einen Zeitraum von acht oder zehn Jahre verboten habe, was zur Fortsetzung der Unordnung und des Chaos in der Kolonie beigetragen und zu einer Unzahl illegitimer, d.h. unehelicher Kinder geführt habe. Der Bischof stellte fest, dass viele Offiziere à la gaulmine heiraten würden, also ohne priesterlichen Segen nach den üblichen Landessitten und weit unter ihrem Status, wie das Beispiel von Bégon La Cour zeige, der sich mit einer Familie verbündet habe, die “weit unterhalb der seinen” liege.29

 

Koloniale Assimilationsmaßnahmen der Franzosen gegenüber den Indianern in chronologischer Abfolge

Ungeachtet der doch tief sitzenden Unsicherheit auf Seiten der kolonialbegeisterten französischen Autoritäten waren erste Maßnahmen in Richtung Assimilation initiiert worden. Die augenfällige Differenz im Lebensstil zwischen Franzosen und Indianern in Bezug auf Arbeitsweise, Kleidung, Sitten, Kampftechniken und Ernährung führte dazu, dass die Franzosen sich darum bemühten, die Indianer dahingehend zu beeinflussen, den französischen Lebensstil anzunehmen. Dieses eigentümliche Gefühl kultureller, politischer und religiöser Überlegenheit, dem der Wunsch entsprang, den sogenannten „anderen" sich selbst anzugleichen, führte zu zahlreichen kulturellen Missverständnissen und zu militärischen Konflikten zwischen beiden Gruppen, die fortan weitgehend um dasselbe Territorium konkurrierten. Die Intention der Franzosen bestand langfristig darin, die nomadischen Jagdpraktiken der Indianer durch Landwirtschaft zu ersetzen, sie sesshaft zu machen und sie durch gezielte Erziehung dazu zu ermutigen, die französische Kultur und Sprache anzunehmen. Zunächst wurden im Jahr 1508 sieben Indianer aus Neufundland von Kapitän Thomas Aubert nach Rouen in Westfrankreich verschifft, wo die einheimische Bevölkerung sie laut Reiseberichten und anderen zeitgenössischen Beschreibungen voller Neugier und Schaulust begrüßte. Das Ziel solcher Verschiffungen war es, die hilflos ausgelieferten Indianer als Sklaven oder Bedienstete feilzubieten, sie in französischen Manieren zu erziehen und die ethnologisch-wissenschaftliche sowie populäre Neugier auf dem europäischen Kontinent zu befriedigen. Im Jahr 1534 folgten dann Indianer der Gaspé Halbinsel bei Québec, die diesmal von Jacques Cartier ins südfranzösische St. Malo gebracht und dort mit christlichen Namen getauft wurden.30 Sechs Jahre später, 1540, wurde eine Gruppe von Indianern am Hof des Königs François I mit den Worten begrüßt: „Aus diesen Ländern [Kanadas] haben wir einige Männer hierher gebracht und sie in unserem Königreich behalten, um sie in der Liebe und Angst zu Gott zu erziehen, und seiner heiligen christlichen Doktrin, damit sie besser dazu in der Lage sind, wenn sie mit einer großen Anzahl unserer Untertanen zurückkehren, ihre Brüder dazu zu bringen, unseren heiligen Glauben anzunehmen.“31 Man ging davon aus, dass Indianer diese erwünschte Multiplikatorfunktion beim Anblick der als gegeben vorausgesetzten Überlegenheit der Franzosen übernehmen und somit die französische Kultur unter ihren Stammesangehörigen verbreiten würden. Aus der Kolonie wurde zum Jahreswechsel 1566/67 schließlich weiterhin eine Inuit-Frau samt Kind von französischen Fischern entführt und ebenfalls nach La Haye in Frankreich gebracht.32

Jedoch: wie man es auch wendete, die in toto Assimilation zur französischen Kultur scheiterte. Darüber wenigstens schien man sich einig, denn selbst ein so zentraler politischer Akteur wie Samuel de Champlain gab gegenüber den örtlichen Indianern unumwunden zu: “Angesichts des Vergleichs unseres Lebensstils mit eurem, liegt es nahe zu glauben, dass wir euren annehmen und unseren eigenen aufgeben“.33 Der französische Kolonialbeamte Edme Rameau de Saint-Père berichtete später im Rückblick von dem Franzosen Petitpas, der in Frankreich geboren und in jungen Jahren nach Akadien gekommen war. Dieser entwickelte eine Vorliebe für Abenteuer und hatte viel Kontakt zum Stamm der Micmacs. Petitpas´ Söhne wuchsen mit den Micmacs auf und setzten das romantische Bild des Nomadenlebens fort, durch das sie sich immer mehr vom europäischen Lebensstil entfernten und dem indianischen Lebensstil annäherten.34 Der kanadische Historiker Denys Delâge hat eingehend beschrieben, in welchen Bereichen die Franzosen indianischen Stil und Methoden übernahmen. Er vertritt die These, dass die Indianer in der Tat stärkeren Einfluss auf die Franzosen ausübten als umgekehrt.35

Gegen Ende des 16. Jahrhunderts nahmen die verbalen Absichten, französische Siedlungen auf indianischem Boden zu gründen und auszubauen, weiter zu. Immer mehr Siedler aus der Metropole sollten durch finanzielle Anreize dazu gebracht werden, in der Kolonie ein neues Leben zu beginnen, wenn auch in der Tat deren Gesamtzahlen im Vergleich zu den britischen Kolonien recht bescheiden blieben.36 Beauftragt mit der Verschiffung waren Handelskompanien, die spezielle Privilegien erhielten und auch für die Versorgung der Missionare zuständig waren. Zur Mitte des 17. Jahrhunderts wurden Stimmen laut, die nun allmählich nach der Sesshaftigkeit der Indianer verlangten. Der Jesuit Paul Lejeune tat sich darin besonders hervor. 1633 erklärte er, „wenn man diese Barbaren für immer Nomaden sein lässt, dann werden ihre Kranken im Wald sterben, und ihre Kinder niemals in ein Seminar eintreten. Man mache sie sesshaft, und diese zwei Institutionen [Hospital und Seminar] werden sich wie von selbst füllen.“37 Man war darum besorgt, die eigenen Institutionen in der Kolonie mit Leben zu füllen, und dafür mussten die Indianer hineingebracht werden. Indianischen Kindern wollte man in Schulen Französisch beibringen. Dabei verfolgte man unterschiedliche Strategien: während Huronen-Kinder in einem Seminar erzogen wurden, schickte man 1636 einige Irokesen und Montagnais zu diesem Zweck eigens nach Frankreich.38 Doch auch hier erzielte man wenig Erfolg: Viele der Kinder liefen weg, wurden melancholisch oder wurden von ihren Eltern aus Sorge nicht weggegeben. Es erwies sich, dass der umgekehrte Einfluss der Indianer auf die Franzosen stärker blieb.

 

Indianische Heiratszeremonien, Misserfolge der Missionare und Mangel an weißen Frauen

Der indianische Einfluss machte sich auf vielfältige Weise bemerkbar. Beim Vollzug der Heiratszeremonie beispielsweise herrschte vielerorts die “façon à la pays” vor: In Abwesenheit eines Priesters oder christlichen Missionars vollzog man die Heirat nach indianischer Landessitte, ohne katholischen Segen. Das lag daran, dass das heiratswillige Paar sich entweder die Reise zur nächstgelegenen christlichen Missionsstation nicht leisten konnte oder sich schlicht scheute, den mühsamen Weg anzutreten. Oftmals herrschte unter den Siedlern ohnehin eine Faszination für indianische Sitten vor, so dass auf französisch-katholische Bräuche gänzlich verzichtet wurde. Auch war es nicht selten, dass Franzosen indianische Sprachen lernten, statt das Französische zu verbreiten. Angesichts dieser Übermacht des Indianischen konnten die zahlreichen durch das Land reisenden Missionare wenig im Sinne des Glaubens ausrichten. Nicht genug damit, dass ihr Konversionsangebot kaum angenommen wurde: Sie wurden tätlich angegriffen und mussten um ihr Leben fürchten - zumindest wurden solche teils erschreckenden, teils heroisch überhöhten Vorkommnisse in den Berichten der Jesuiten zahlreich verbreitet.39 Das führte dazu, dass der König in einem Dekret im Jahr 1657 erließ, dass sich die staatlichen Autoritäten nicht nur um die Verbreitung des Glaubens, sondern auch um die Sicherheit der Missionare kümmern sollten.40

Auch um die Erhöhung des Anteils der Frauen in der Kolonie war man bemüht. Während der ersten Einwanderungswelle hatte ein eklatanter Mangel an weißen europäischen Frauen vorgeherrscht. Als Neu-Frankreich 1663 zur königlichen Kolonie wurde, kam laut offizieller Statistiken auf jeden sechsten bis siebten heiratsfähigen Mann lediglich eine Frau.41 Dieses Verhältnis verdeutlicht, dass es für die Kolonisten im heiratsfähigen Alter nicht genug weiße Frauen gab. Bereits 1634 wurde daher das erste Kontingent der filles du roi, zumeist aus Weisen und Prostituierten bestehend, auf Kosten der königlichen Schatzkammer in die Kolonie gesandt. Auf dem Kontinent beschrieb Baron de Lahontan das Auswahlverfahren auf amüsante Weise für die Nachwelt und erheiterte sich über das Chaos und die Willkür, die dabei vorherrschten:42 “Es wurden aus Frankreich zahlreiche Schiffe geschickt, die voller Mädchen von bescheidener Herkunft waren, unter der Leitung alter Nonnen, die sie in drei Gruppen einteilten. Die Jungfrauen wurden eine auf der anderen in drei verschiedenen Räumen aufgestapelt, wo Ehemänner ihre Ehefrauen so wie ein Schäfer seine Schafe inmitten seiner Herde aussuchen konnten. (…) Man konnte große, kleine, blonde, braune, dicke und dünne sehen: und schließlich fand jede ein passendes Paar Schuhe.”43

Man beachte dagegen den Kontrast, in dem indianische Frauen dargestellt wurden. Frauen des Cherokee-Stammes sah man als “fein geformte Kreaturen (…) so wie keine anderen im Universum. Sie haben eine gelbbraune Hautfarbe, ihre Augen sind lebhaft und sinnlich, ihr Lächeln bringt die höchste Selbstbeherrschung auf, die ein Gesicht besitzen kann, ihre Hände sind von feinster Machart, mit langen Fingern, und so weich wie Wangen, und ihre gesamten Körper von glatter Art.”44 Pierre Lemoyne D´Iberville war hingerissen von der Schönheit der Indianerinnen und beschrieb diejenigen, die er während seiner Mississippi-Reise traf, folgendermaßen: “Fünfzehn der schönsten jungen Mädchen waren bezaubernd auf ihre eigene Art geschmückt, alle nackt, lediglich mit brayes (kurzen Röckchen) bekleidet, oberhalb dessen sie noch eine Art Rock so breit wie ein Fuß, bestehend aus Federn hatten (…) Gesicht und Körper waren in verschiedenen Farben bemalt, und sie trugen Federn in den Händen, die ihnen als Fächer dienten oder um den Rhythmus zu begleiten, ihre Haare waren ordentlich gekämmt mit lauter Federbüscheln.”45

Die als exotisch beschriebene Schönheit der Indianerinnen vermochte die französischen Kolonisten und coureurs de bois (Waldläufer) jedenfalls soweit zu betören, dass viele von ihnen Indianerinnen den weißen Frauen aus der Heimat vorzogen. Auch war den meisten dabei bewusst, dass sie die Allianzbildung mit den verschiedenen Stämmen förderten, und so konnten die Männer sich rühmen, zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen zu haben: sowohl im Privaten wie im Geschäftlichen waren sie damit gut versorgt und konnten sich zugute halten, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden. Der Händler Michel Accault beispielsweise wurde vom Indianerhäuptling Rouensa herzlich begrüßt und aufgenommen und bekam gleich die Tochter des Häuptlings als „Geschenk" dazu. Diese weigerte sich zunächst jedoch, Accault zu heiraten, da sie beschlossen hatte, nach der Konversion zum Christentum Nonne zu werden. Viel Überzeugungsarbeit von Seiten eines Missionars war erforderlich, um Marie Rouensa von diesem hehren Ziel wieder abzubringen, um sie als Braut Michel Accaults vermählen zu können.46

 

    Befürworter einer Politik der "Mischehen" und erste Beispielfälle in der Kolonie

Das erste entscheidende öffentliche Bekenntnis im Hinblick auf eine französische Heiratspolitik mit Indianerinnen war 1633 von Samuel de Champlain auf Geheiß des französischen Königs Ludwigs XIII geäußert worden. Bei seiner Begegnung mit dem Stamm der Huronen erklärte de Champlain feierlich: „Unsere jungen Männer werden eure Töchter heiraten, und wir werden ein Volk sein.“47 Eine weitere nachweislich positive Haltung zu „Mischehen“ geht auf den französischen Jesuiten Pierre de Sesmaisons zurück. 1634/35 formulierte er in einem Brief an den Papst Argumente, die Ehen zwischen Franzosen und Indianerinnen stützen sollten und versuchte, den Papst davon zu überzeugen, seine Zustimmung für den Vollzug solcher Ehen zu geben.48 Eines der Hauptargumente wiederholte sich in dem Hinweis auf die lässige Art der Indianerinnen, womit vermutlich deren sexuelle Freizügigkeit und Verfügbarkeit gemeint war. Ein Jahr später wies der ebenfalls jesuitische Missionar Paul Lejeune jedoch darauf hin, dass Samuel de Champlain gesagt habe, dass die Franzosen erst dann Indianerinnen heiraten würden, wenn diese zuvor Christinnen geworden seien.49 Diese Bedingung deckte sich mit dem offiziellen imperialen Ziel, den Katholizismus in Nordamerika zu verbreiten.

Die Huronen jedoch schienen wenig interessiert zu sein an der königlichen Vision eines Volkes christlicher Franzosen in Übersee. Dieser Indianerstamm setzte sein Heiratsverhalten mit benachbarten Stämmen weitgehend gewohnheitsmäßig fort, so dass François-Derré de Gand, der Generalkommissar der Compagnie des Cents Associés, 1635 feststellen musste: „Ihr habt euch bis heute nicht mit unserem französischen Volk vereint. Eure Töchter haben in alle möglichen Nachbarstämme eingeheiratet, jedoch nicht in unser Volk…nicht, dass wir auf eure Töchter angewiesen wären, aber wir würden gerne nur ein einzelnes Volk im ganzen Lande sehen.“50 Dagegen stellte der französische Offizier Henri de Tonty fest, dass Indianer nur selten außerhalb ihrer eigenen Stämme heirateten, weil sie sich gegenseitig bekriegten und sonst nur schwer zu befrieden waren.51 In der Tat mussten die französischen Autoritäten Anreize schaffen, um Indianer zu Mischehen mit den Franzosen zu bewegen. Sie standen damit vor der Wahl, entweder eine ausreichende Zahl an französischen Frauen aus der Metropole zur Verfügung zu stellen (die filles du roi) oder Ehen mit Indianerinnen gesetzlich zu erlauben. Sie entschieden sich für beides, während ersteres immer dann griff, wenn die Atmosphäre innerhalb der Kolonie zu sehr zu libertinage und concubinage mit Indianerinnen tendierte, was zu zahlreichen Beschwerden gegenüber den Autoritäten führte.

Erste bekannt gewordene Ehen zwischen Indianerinnen und Franzosen sind aus den Jahren 1644, 1649 und 1657 in historischen Quellen überliefert. 1644 heiratete Martin Prévost Marie-Olivier Sylvestre Manitouabeouich. 1649 vermählte sich der Gouverneur von Boucherville, Pierre Boucher, mit der Huronin Marie Ouebadinskoue, die als Christin den Namen Marie-Madeleine Chrestienne erhielt. 1657 schließlich ging Pierre Couc dit Lafleur de Coignac die Ehe mit Marie Mitromigoucoué ein. Offizielle Eheschließungen mit Indianerinnen blieben jedoch die Ausnahme. Die Realität sah häufig so aus, dass Franzosen mit indianischen Frauen im Konkubinat lebten, so dass zunehmend Stimmen laut wurden, die davon sprachen, dass Neu-Frankreich eine Kolonie voller „Mätressen und Sklavenmädchen“ sei. Vor allem Missionare waren nicht länger bereit, sich mit anzusehen, wie französische Männer Anstand und Moral verloren, die christliche Religion missachteten und sich mit Indianerinnen oft ohne ehelichen Segen amüsierten, während sie ihre Ehefrauen zumeist in der Heimat zurückgelassen hatten. So wurde die Heirat mit Indianerinnen als Mittel eingeführt, um dem um sich greifenden Konkubinat Einhalt zu gebieten. Zunächst wurde per königliches Dekret im Jahr 1657 erneut durchgesetzt, dass Franzosen Indianerinnen nur unter der Bedingung heiraten durften, dass letztere zum Christentum übertraten und dadurch gewährleistet war, dass jegliches befürchtete unsittliche Chaos unterbunden wurde.52

Im Jahr 1667 äußerte sich Finanzminister Jean-Baptiste Colbert in der Metropole zur Politik der „Mischehen“. Er brachte zum Ausdruck, dass er sich durch diese Politik erhoffe den gegenseitigen Handel zu beflügeln sowie die „Blutsmischung“ voranzutreiben, um schließlich „ein gleiches Volk und gleiches Blut“ zu schaffen. Im selben Jahr hatte König Ludwig XIV ein Edikt erlassen, das zur Voraussetzung für die Ehe machte, dass sich beide Parteien einig waren, die Eltern ihr Einverständnis gaben,53 eine öffentliche Vermählung mit Brautzeugen stattfand, der Priester seinen Segen beim Aussprechen des Ehegelöbnisses gab und dass es zur ordentlichen Registrierung der Ehe kam.54 Angesichts staatlicher Regulierungen meldete sich auch die Kirche zu Wort und erhob Anspruch auf Einflussnahme: sie verlangte ebenfalls nach elterlicher Zustimmung und danach, dass die kanonischen Regeln bezüglich Blutsverwandtschaft und Verschwägerung eingehalten, dass Braut und Bräutigam in ihren Pflichten und ihrer Verantwortung unterwiesen wurden und dass Sexualität nur zum Zweck der Zeugung von Kindern und zur Vermeidung einer „größeren Sünde“ praktiziert werde, wobei die Braut angewiesen wurde, Schwangerschaften nicht zu vermeiden - ein weiterer Hinweis auf das gewünschte Ziel der Erhöhung der Bevölkerungszahlen. Daraufhin bekräftigte Colbert 1668 seine Hoffnung, dass sich die Indianer, sobald sie das bürgerliche Leben angenommen hätten, mit den Franzosen durch Heirat verbinden würden.55 Zugleich wurde der Bischof von Québec, François de Laval, aufgefordert dafür zu sorgen, die Ordnung in der Kolonie aufrechtzuerhalten und bekam Priester zugeteilt, die sich um Großfamilien sowie um Eheschließungen kümmern sollten. Darüber hinaus wurde das „présent du roy“ eingeführt, um Männer zu belohnen, die bereit waren, mit 20 Jahren zu heiraten, während Väter bestraft wurden, deren Söhne in diesem Alter und deren Töchter mit 16 noch unverheiratet waren.56 Noch im selben Jahr versprach Colbert 150 filles du roi aus Frankreich zu entsenden.57

Im September des darauffolgenden Jahres verkündete Bischof de Laval, dass ein Großteil dieser Mädchen bereits verheiratet worden sei, nannte jedoch keine Zahlen. Intendant Jean Talon spezifizierte, dass es sich insgesamt um 30 verheiratete Mädchen handelte. Talon forderte für künftige Entsendungen (er verlangte weitere 150 bis 200 Mädchen) darauf zu achten, dass diese attraktiv seien, denn andernfalls könnten sie nicht vermittelt werden.58 Außerdem sollten sie einen Nachweis ihres Priesters dabei haben, der darüber Auskunft gab, dass sie noch unverheiratet seien. Die filles-du-roi-Politik wurde zunächst bis ins Jahr 1673 fortgesetzt.59 1682 schließlich wurde ein erneuter Anreiz eingeführt: Indianerinnen, die bereit waren einen Franzosen zu heiraten, sollten ebenfalls das présent du roy - eine Summe Geldes (etwa 150 livres) - bekommen. Intendant Jacques de Meulles war davon überzeugt, dass Indianerinnen, die Franzosen geheiratet hatten, einfacher zu französisieren seien und dadurch eine Multiplikatorfunktion übernehmen würden. Einmal französisiert könnten sie diese kulturellen Eigenschaften auch an indianische Männer weitergeben.60 Jedoch scheiterte diese Politik bereits in ihren Anfängen: Gouverneur Joseph-Antoine Lefebvre de La Barre berichtete, dass das Geld, das man als Heiratsanreiz ausgezahlt bekommen habe, mit Nichten zum gewünschten Ziel geführt habe: Keine der Empfängerinnen habe in eine Heirat eingewilligt. Daher empfahl La Barre das Geld den französischen Nonnen für ihre Arbeit in Hospitälern und Schulen zur Verfügung zu stellen, statt Fehlinvestitionen zu verursachen. Der König war jedoch nicht umzustimmen. Im April 1684 unterstrich er seine Politik und bekräftigte, dass indianischen Frauen der Vorzug vor weißen Frauen in der Auszahlung des présent du roy gewährt werden solle. 1687 gab der König zudem seine Erlaubnis für den Vollzug von Ehen französischer Militärangehöriger und für die Sesshaftigkeit von Soldaten, um ihnen eine Existenzgrundlage zu geben und die Bevölkerungszahlen weiter anzuheben.61 Hierbei wurden „Mischehen" zwar nicht erwähnt, doch in der Realität bildeten Ehen von Offizieren mit indianischen Frauen ein perfektes Mittel der Integration, da sie an strategisch wichtigen geographischen Punkten geschahen, und zwar in der Nähe von indianischen Dörfern, mit denen man somit Allianzen eingehen konnte. Neben den Offizieren Tonty und Cadillac waren weitere Beispiele die Fälle von La Plante und La Chauvignerie, die beide „heirateten ohne das Einverständnis und gegen die Befehle des Königs“.62 Des Weiteren ehelichte der Offizier Paul Le Moyne de Maricourt eine Indianerin des Onandaga-Stammes und Louis-Thomas Chabert de Joncaire, der seine französische Ehefrau in der Metropole zurückgelassen hatte, zog es vor, mit seiner Konkubine vom indianischen Stamm der Seneca zusammen zu leben.63

In seinem Bericht aus dem Jahr 1696 war Gouverneur Louis de Buade Comte de Frontenac darum bemüht, ein weniger anarchisches Bild der Kolonie gegenüber den Autoritäten in der Metropole zu zeichnen. Er beteuerte gegenüber Colbert, dass nur sehr wenige Männer einen libertinären Lebensstil pflegten, dass die Gerüchte darüber übertrieben seien und dass die Beschwerden über die französische „Anhänglichkeit“ gegenüber indianischen Frauen niemals in Unordnung und Chaos resultierte. Es handele sich höchstens um fünf oder sechs Männer, die davon betroffen seien. Sie hätten mit den „Wilden“ im Wald gelebt, jedoch sei es dabei geblieben.64 1698 sandte Intendant Jean Bochart de Champigny aus der Kolonie einen ausführlichen Bericht über die westlichen Stellungen an den Kolonialminister Jérôme Phélypeaux de Pontchartrain in der Metropole. Darin bemerkte de Champigny, dass die jährlichen Geschenke des Königs über 50 livres für die Heirat von 60 armen Mädchen diesen dabei helfen sollten, ein geregeltes und sesshaftes Leben zu führen. Jedoch müsse diese Subvention erhöht werden, weil bei weitem nicht alle bedürftigen Mädchen in den Genuss dieser Hilfe kämen.65 Zur Jahrhundertwende, im Jahr 1699, sandte Ludwig XIV einen Brief an Pierre d´Iberville, in dem er seine Toleranz gegenüber „Mischehen“ bekräftigte und erneut betonte, dass die einzige Bedingung für solche Ehen die christliche Konvertierung der Braut sei.66

 

Gegner der Politik der „Mischehen“ und der Übergang zu rassistischen Vorurteilen

Gegen Ende des 17. Jahrhunderts ging es zur Neige mit der weitgehend liberalen Haltung von Kirche und Staat. Die Gründe lagen vor allem in den aus staatlicher Perspektive kontraproduktiven Ergebnissen der Politik der „Mischehen“: deren Befürworter hatten gehofft mit ihrer Hilfe die Assimilation der Indianer zur französischen Kultur voranzutreiben und somit die Bevölkerungszahlen zu heben. Als sie sahen, dass dieses gewünschte Ziel nicht eintrat, setzte eine ablehnende Haltung ein, die die Indianer nicht länger nur kulturell diskriminierte und ihnen weiterhin Souveränität absprach, sondern zunehmend auf rassistische Weise von „Degeneration“ sprach. Die Franzosen sahen die Indianer folglich nicht nur als kulturell verschieden in ihren Sitten und Gebräuchen an, sondern nahmen sie als eigenständige Rasse wahr mit all den damit in Verbindung gebrachten Unterschieden in solchen Kriterien wie der „Qualität des Blutes“ und der Mentalität. Rassismus dieser Art sprach den Indianern jegliche Fähigkeit zur Assimilation grundlegend ab, ja wünschte sie nicht einmal mehr und schrieb Verbote fest, die vorhergehende liberale Praktiken zunichte machten. Die Verbote setzten verstärkt damit ein, dass Beschwerden über einen unsittlichen und chaotischen Lebensstil und anarchische Umstände, in denen französisch-indianische Beziehungen stattfanden, zunahmen. Künftig sollten diejenigen, die „Mischehen“ ohne vorherige Erlaubnis des Königs oder des Gouverneurs eingegangen waren, bestraft werden. 1696 äußerte sich Gouverneur Frontenac gegenüber Minister Colbert: „…ich habe bereits einige, die „Wilde“ ohne meine Erlaubnis geheiratet haben, gezwungen, diesen Lebensstil aufzugeben (…); die Schuldigen sind bestraft worden auf einfache Meldung ihrer Väter.“67 Drei Jahre später benannte ein anonymer Schreiber die Gründe für den bedauernswerten Zustand der Kolonie: es läge ohne Zweifel am Libertinage zwischen Franzosen und Indianerinnen.68

Am 30. April 1702 äußerte sich der Jesuit Étienne de Carheil über das seiner Ansicht nach bedenkenswerte sexuelle Verhalten der französischen Soldaten in der Kolonie und beschrieb die um sich greifende Prostitution. De Carheil schrieb an Colbert: „Ihre (…) Beschäftigung besteht darin, ihre Stellung in einen Ort zu verwandeln, den ich mich schäme beim eigentlichen Namen zu nennen, wo die Frauen gelernt haben, dass ihre Körper eine Ware sein können, und dass sie sogar umso besser damit dienen können…von morgens bis abends sitzen [die Männer] (…) am Kamin und oftmals auf ihren Betten, in Konversation versunken oder in Aktivitäten, die ihrem Geschäft entsprechen.“69 Diese Beschreibungen waren dazu angetan, Empörung in der heimatlichen Metropole auszulösen, da sie deutlich machten, dass es um die Moral in der Kolonie nicht gut bestellt war. Gleichzeitig schufen sie den Eindruck, dass diejenigen, die beschlossen dort einzuwandern, die perfekten Bedingungen vorfinden würden, um ein unmoralisches Leben zu führen. Carheils Rat dagegen war folgender: „Eure Majestät wird es passend finden, dass man diejenigen Händler, (…) [die] ihren Handel treiben, und dadurch die Libertins von dem ihrigen abhalten, beurlaubt.“70 Man ging davon aus, dass die friedliche Ausübung des Handels libertinage verhindere, doch das Gegenteil war der Fall: Libertinage konnte durch die Autoritäten nicht kontrolliert werden, da dieser Lebensstil für Männer, die rigorose Moral von zuhause gewohnt waren, äußerst attraktiv erschien.

Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurden angesichts des Scheiterns der Assimilationspolitik die ersten konsequenten Verbote gegen die Praxis der „Mischehen“ fortgesetzt. Am 5. Mai 1706 wurden die Missionare des Rekollekten-Ordens in der Bretagne instruiert, Ehen in der Kolonie künftig nur noch mit dem Einverständnis des Gouverneurs zu vollziehen.71 Diese Instruktion wurde am 22. Mai in einen königlichen Erlass umgewandelt.72 Nicht nur wurden diese Verbote in den Stand einer königlichen Instruktion erhoben, sondern zugleich nahmen sie rassistische Züge an, mit dem Hinweis, dass Mischung aufgrund der vermeintlich schlechten Qualität des Blutes der Indianer unerwünscht sei. In dieser Richtung äußerte sich vor allem der Gouverneur Philippe de Rigaud de Vaudreuil gegenüber dem Offizier Antoine Laumet de Lamothe Cadillac in Detroit (Michilimackinac): „Man sollte Franzosen nicht „Wilde" heiraten lassen (…) in der Überzeugung, dass man schlechtes Blut nie mit gutem mischen sollte (…)." Gouverneur La Vente hingegen lehnte jegliche biologischen Argumente ab und wandte ein, dass „das Blut sich nicht ändert“ durch dieses Verhalten. Im Jahr 1708 bemühte er sich darum, rassistischen Vorurteilen zu begegnen, indem er äußerte: „Wir sehen nicht, dass das Blut der „Wilden“ das Blut der Franzosen in irgendeiner Weise schädigt. Wie wir an den Kindern der Franzosen, die mit wilden Frauen verheiratet sind, sehen können, ist die weiße Haut dieser Kinder in vollem Umfang gleichwertig mit der der Franzosen selbst.“73 Das stimmte jedoch nicht ganz, denn in der Tat hatten Metis-Kinder dunklere Hautfarbe als die Weißen (wenn auch hellere als die Indianer). La Vente machte diese Äußerungen vermutlich, weil er akzeptiert zu haben schien, dass das polygame Verhalten der Männer in der Kolonie nicht mehr zu ändern war.74 Im selben Jahr noch hatte Gouverneur Bienville versucht Autoritäten in Versailles davon zu überzeugen, Ehen zwischen Indianerinnen und Franzosen zuzustimmen. Denn die Praxis stand tatsächlich den Anweisungen aus der Metropole weitgehend entgegen.75 Der eigentliche Konflikt, so hat es der amerikanische Historiker Charles Edward O´Neill ausgedrückt, habe nicht in der Kontroverse über die Legalität der Mischehen bestanden, sondern in der Konkurrenz der einzelnen Akteure, die versuchten, ihre subjektiven Interessen durchzusetzen. In Louisiana beispielsweise habe sich das darin bemerkbar gemacht, dass der Kolonialminister zunächst danach trachtete das Personal statt die Politik zu ändern.76 Jedoch wurde auch in folgenden Jahren über die Legalität der Mischehen tatsächlich kontinuierlich und kontrovers diskutiert, denn bei der Beobachtung des Verhaltens der französischen Männer hatte man festgestellt, dass es nicht den Wunschvorstellungen in der Metropole über den zügigen Aufbau der Kolonie entsprach.

 

     Schlussbetrachtung


Während der französischen Kolonialherrschaft in Neu-Frankreich waren europäisch-indianische Ehen neben ihrem zweifellos aus interkultureller Sicht förderlichen Impetus ein machtpragmatisches politisch-militärisch-kommerzielles Instrument in den Händen des französischen Staates und der katholischen Kirche. Das Ziel hatte darin bestanden, die indianische Assimilation an die französische Kultur, Religion und Sprache zu fördern sowie die französischen Bevölkerungszahlen in der Kolonie anzuheben. Trotz Samuel de Champlains feierlich geäußertem Satz über die Schaffung einer französischen Nation in Übersee, setzte die Mehrheit der Indianerstämme zunächst ihr weitgehend endogames Heiratsverhalten wie gewohnt fort. Allmählich konnten die Franzosen jedoch verstärkt „Mischehen" eingehen, entweder mit priesterlichem Segen und durch staatliche finanzielle Anreize oder auch gänzlich ohne die Unterstützung von Kirche und Staat, weil sie sich in Indianerinnen verliebten, von deren Exotik angezogen waren und/oder sich von diesen Ehen kommerzielle Vorteile versprachen. 1657 wurde die christliche Religion erstmals zur Bedingung für den Vollzug einer „Mischehe“ gemacht. Die Verbreitung des christlichen Glaubens durch Missionare wurde als dringlich angesehen. Konsequenterweise wurden Ehen, die ohne christlichen Segen eingegangen worden waren, abfällig betrachtet. Zunehmende libertinage wurde zu einem Problem und führte zu zahlreichen Beschwerden gegenüber den kolonialen Autoritäten, die sich der Alternative gegenüber sahen, entweder „Mischehen“ ausnahmslos zuzulassen oder eine ausreichende Zahl an Frauen aus der Metropole zur Verfügung zu stellen. Zunächst wurde die erste Option favorisiert, bevor man dann allmählich die zweite Option einführte und parallel verfolgte.Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts hatten die französischen Autoritäten eine Strategie der „Mischehen“ verfolgt, die sowohl von kolonialen als auch von Akteuren in der Metropole wie beispielsweise den Gouverneuren, den Intendanten, dem König und den Ministern unterstützt wurde. Diejenigen, die Mischehen befürworteten, taten dies, weil sie glaubten damit den Erhalt und den Aufbau der Kolonie zu fördern oder weil sie schlicht Toleranz gegenüber der ohnehin verbreiteten Praxis übten. Dabei waren Mischehen offiziell nur deshalb eingeführt worden, weil man einzusehen begann, dass alle anderen Maßnahmen der Französisierung wenig gefruchtet hatten. Diejenigen, die sich gegen binationale Ehen aussprachen, richteten sich maßgeblich gegen die moralische „Unordnung" und anarchischen Zustände in der Kolonie. Sie redeten der „Degeneration" durch rassische Mischung und der „Minderwertigkeit" indianischen Blutes das Wort. Zusätzlich gingen die Gegner davon aus, dass die Intention die Kolonie gemäß französischen Idealen zu bevölkern und zu christianisieren durch eine konsequente Politik der „Mischehen" beeinträchtigt werden würde, da die Franzosen dadurch begonnen hatten, sich stärker an den indianischen Lebensstil zu assimilieren statt den ihren zu verbreiten. Mit dem Ende dieser Strategie ist parallel darauf zu verweisen, dass dies mit einer restriktiveren und „sozialdisziplinierenden" Heiratspolitik in Europa einher ging. Dies war verbunden mit dem Vorgang des Tridentinum, das die priesterliche Assistenz und zwei Zeugen zur Formpflicht bei der Eheschließung erhob. Zuvor war das Ehesakrament in der ausschließlichen Anwesenheit der beiden Eheleute gegenseitig gespendet worden, ohne die Präsenz von Priester und Zeugen. Zudem fand eine Abwertung sowohl der „common law"-Ehe als auch der naturrechtlichen Ehe statt, um angesichts im Vergleich zum Mittelalter größer werdender Ressourcenknappheit die Zeugung von legitimem Nachwuchs (also jenem, der innerhalb bestehender Ehen stattfand) besser kontrollieren zu können.77In Anbetracht zunehmender libertinage in der Kolonie war es den handelnden Akteuren als logische Handlungsweise erschienen, Ehen als Mittel einzusetzen, um sogenannte „freie Sexualität" einzudämmen, die nicht nur zu illegitimem Nachwuchs führte, sondern die Kolonisten auch davon abhielt, landwirtschaftlicher Arbeit nachzugehen. Ein wichtiges Ziel in der Kolonie hatte darin bestanden, Sesshaftigkeit und landwirtschaftliche Aktivitäten zu fördern. Die Kombination aus „Mischehen" und intranationalen Ehen (also Ehen, die innerhalb der eigenen Nation geschlossen wurden) erschien als adäquates Mittel, um die Kolonie im Sinne französischer Assimilationsstrategien zu stabilisieren. Die Intention der Franzosen in der Befürwortung von „Mischehen" war es gewesen, die Indianer schneller an den französischen Lebensstil zu assimilieren. Die Tatsache jedoch, dass das Gegenteil eintrat, brachte französische Entscheidungsträger zunehmend dazu, métissage und „Mischehen" als geeignete Mittel der Assimilation fallen zu lassen. Die Assimilation an den indianischen Lebensstil und die Zurückhaltung der Indianer in der Frage des Erlernens der französischen Sprache und der Annahme französischer Manieren bedeutete eine Niederlage in der Kolonialpolitik der métissage. Nicht zuletzt dadurch erklärte sich der stetig zunehmende Rassismus: Erfolglosigkeit und Missmanagement bedurften einer Begründung und Rassismus war ein Ausweg für eine ansonsten anti-rassistische Herangehensweise an die Begegnung der Rassen. Ideen über „Blutsreinheit“ und die Veränderung der Hautfarbe durch biologische Mischung nahmen zu und führten zu offiziellen Verboten der Mischehen. Erste Anzeichen machten sich bereits in den 1660ern78 bemerkbar und zunehmend zur Wende des 18. Jahrhunderts.79 Alice Conklin hat argumentiert, dass die Vorstellung, dass „Mischehen" mit indigenen Völkern die französische Zivilisationsmission erleichtern würden, um 1870 mehr und mehr aus dem imperialistischen Diskurs verschwand.80 Neben linguistischen und religiösen Debatten81 implizierte der Begriff der „Reinheit" einerseits, dass Blut nicht gemischt werden sollte, weil Mischung unerwünschte Eigenschaften übertrage, und andererseits, dass das Heiraten innerhalb der eigenen Gruppe, d.h. im eigenen Dorf, der eigenen Stadt oder dem eigenen Land, als natürliches Verhalten angesehen wurde. So blieb die Politik der „Mischehen" eine machtpolitische Maßnahme und ihr Verbot bedeutete einen massiven Eingriff in das interkulturelle Zusammenleben von Indianern und Weißen in Neu-Frankreich.

Zusammenfassend: Métissage ist kein geläufiger Begriff. Auch in Frankreich weiß nicht jeder, dass von Metis die Rede ist. Die entsprechenden deutschen Worte „Mischling“ oder „Mestize“ sind nicht populär, weil es an die „Rassenmischung“ der Nationalsozialisten erinnert. Sie wollten sie am liebsten verhindern, weil sie darin das Grundübel unserer Gesellschaft meinten entdeckt zu haben. Warum sahen sie es als so verwerflich an, dass Menschen unterschiedlicher Herkunft, Religion oder Nationalität gemeinsam Kinder zeugen ? Vor allem, wenn daran Juden beteiligt waren ? Reinheit kennt die Natur nicht. Von daher waren die Nationalsozialisten unrealistisch. Mischung ist sogar eher die Regel als die Ausnahme. Um das festzustellen, muss man nicht einmal alle Komponenten herunterbrechen. Mischung ist Realität. Trennung tut weh, auch wenn sie manchmal notwendig sein kann. Metis gibt es überall, nicht nur in jenen Ländern, die eigens eine Kategorie dafür eingeführt haben. Wie zum Beispiel in Kanada, wo man die Nachkommen aus Indianerinnen und Europäern „Metis“ nennt. Diese grenzen sich von den Indianern ab, die eigenen Stämmen angehören. Warum scheint ihnen Abgrenzung so wichtig zu sein? Was hat es auf sich mit der „Identität“? Menschen wollen offenbar etwas Besonderes sein ohne dem allerdings immer gerecht werden zu können. Identität ist ein Begriff, dem es an Klarheit mangelt. Mit etwas identisch zu sein bedeutet nicht unbedingt gleich zu sein. Ein Deutscher kann Bayer oder Schwabe sein, Rheinländer oder Hesse. Und doch sind allesamt Deutsche: unterschiedlich und doch gleich. Eine deutsche Nationalität hat aber noch lange nichts mit Rasse zu tun. Auch der Begriff „Volk“ ist widersprüchlich. Das Wort diente vielmehr einer Integrationsideologie. Das zersplitterte Territorium und die verschiedenen Herrschaftsformen sollten schließlich zusammengeführt werden. Das „deutsche Volk“ waren nicht nur Teutonen, sondern alle möglichen Stämme wie Alemannen, Germanen und Goten in verschiedenen Regionen. Das trifft auf viele Völker zu, die vor allem im 19. Jahrhundert diese Form von Zusammenführung erfuhren, eine Art Zentralisierung, um leichter regierbar zu sein. Herrschaft bedeutete die Nation zu vereinen. Religion war darin nur insoweit bedeutsam, als dass sie eine Legitimation liefern sollte dafür, dass ein Herrscher eingesetzt wurde, der nicht demokratisch gewählt war. Gleichheit und Gerechtigkeit waren Prinzipien, die erst sehr viel später eine Rolle spielen sollten.
„Die Metis“ gibt es nicht. Es gibt Menschen unterschiedlicher Herkunft. Was sie so interessant macht ist deren Zusammensetzung. Die Welt ist bunt. Darin spiegelt sich das wider. Metis zu sein bedeutet Vieles zu sein. Das Viele ist vereint und es drückt sich stets neu aus. Métissage begleitet die Menschheit seit ihren Anfängen und sie wird es stets geben.


 

Fußnoten

1 Vgl. Jean-Loup Amselle: “Métissage, branchement et triangulation des cultures“. Paper anlässlich eines Workshops organisiert von Alana Lentin und Peter Wagner am 16. bis 17. Mai 2003 am EUI Florenz, Department of Social and Political Sciences (SPS). Des Weiteren siehe Graciela Susana Moreira Slepoy: “Metissage as a discourse and a cultural practice: An exploration”, in: www.hichumanities.org/AHproceedings/Graciela%20S%20M%20Slepoy.pdf

2 Siehe vor allem Homi Bhabas Verwendung des Begriffs hybridity and dessen Erwähnung in zahlreichen Buchtiteln auch anderer Autoren wie beispielsweise Performing Hybridity, Debating Cultural Hybridity und Hybridity and its Discontents.

3 Mit Dank an den ersten anonymen Reader für diese Zusätze.

4 Joseph Arthur de Gobineau, Essai sur l´inégalité des races humaines (Paris, 1853-55).

5 Claude Lévi-Strauss, “Rasse und Geschichte“, in: Der Blick aus der Ferne (München 1985).

6 Siehe Raphael Confiant, in: Hans-Jürgen Lüsebrink: “Métissage. Contours et enjeux d´un concept carrefour dans l´air francophone“, in: Etudes littéraires, vol. 25, no 3 (1992/93).

7 Marimoutou, J.C./Raccault, J. M. (hg.): Métissages, Littérature - Histoire, Band 1, Université de la Réunion, Paris 1991, S. 7.

8 Reinhart Koselleck, „Begriffsgeschichte und Sozialgeschichte“, in: idem., Historische Semantik und Begriffsgeschichte (Stuttgart, 1979) S. 25 und Lucian Hölscher, “The Theoretical Foundations of ´Begriffsgeschichte´ (History of Concepts)“. Lecture given at the summer course “New cultural history” at San Lorenzo de Escorial, 25th to 29th July 1994, S. 37.

9 Jean Louis Quatrefages de Bréau, in: The anthropological review and journal of the Anthropological Society of London 1869, vol. 7, S. 22-40.

10 Ernst B. Reuter, in: Proceedings of the American Sociological Society (Chicago Illinois 1928), vol. XXII, S. 54.

11 Ebd., S. 56.

12 Für eine Biographie siehe Markus Günther: Barack Obama. Amerikas neue Hoffnung (Wissner Verlag 2007) sowie die Autobiographie Barack Obamas.

13 Jean-Loup Amselle, « Métissage. Branchement et triangulation des cultures”, in: EUI Workshop, organisiert von Alana Lentin und Peter Wagner am 16. bis 17. Mai 2003 am EUI Florenz. Wobei ein kurzer Blick auf die bevorzugte Partnerwahl in Europas Moderne und Postmoderne das Gegenteil zu zeigen scheint.

14 René Duboux, Le temps est au métissage, Paris 1999.

15 Benjamin R. Barber, Djihad versus Mc World, Mondialisation et intégrisme contre la démocratie (Paris 1996) und Samuel H. Huntington, “The Clash of Civilizations?“, in: Foreign Affairs, 1993, 72 (3), S. 22-49.

16 Siehe Amselle, Métissage, branchement et triangulations des cultures, S. 10.

17 Paul Meredith, “Hybridity in the Third Space: Rethinking Bi-cultural Politics in Aotearoa/New Zealand“, Paper presented to Te Oru Rangahau Maori Research and Development Conference, 7-9 July 1998, Massey University, S. 2. Siehe auch Homi Bhabas Schriften.

18 Siehe hierzu die Arbeiten des Schweizer Historikers Urs Bitterli.

19 Vgl. W. Gilges, “Some African Poison Plants and Medicines of Northern Rhodesia”, Occasional Papers, Rhodes-Livingstone Museum, Nr. II, 1955, 20. Vgl. auch Denys Delâge, « L´influence des Amérindiens sur les Canadiens et les Français au temps de la Nouvelle-France“, in: Lekton 2, no 2 (Automne 1992), 103-191.

20 Zitat von Pierre de Charlevoix, in: James Axtell, The Invasion Within: The Contest of Cultures in Colonial North America, New York/Oxford 1985, S. 43.

21 Nicht nur ist der Begriff „Mischehe“ durch die nationalsozialistische Verwendung geprägt, der es um das Verbot von Ehen zwischen Juden und „Ariern“ (abgeleitet vom altindischen Begriff für „edel“) ging. Zugleich bezeichnete „Mischehe“ lange Zeit jegliche multikonfessionelle Ehe, also beispielsweise zwischen Protestanten und Katholiken.

22 Siehe in: Bruce Trigger, The children of Aataentsic, S. 268

23 Vgl. Saliha Belmessous, D´un préjugé culturel à un préjugé racial: la politique indigène de la France au Canada, EHESS (Paris, 1999). .

24 Archives Nationales, C11A, vol. 14, f. 160-161, “Frontenac au Ministre, Québec, 25 octobre 1696“.

25 1938-39, S. 12-180, 1939-40, S. 355-463, 1942-43, S. 399-443, 1949-47, S. 371-460, 1947-48, S. 135-339.

26 Archives Nationales, C11A, vol. 40, f. 164-165v, “Lettre de Vaudreuil au Conseil de Marine”, 12 janvier 1719.

27 Archives Nationales, C11A, vol. 124, vol. 396-397v, “Délibération du Conseil de Marine sur une lettre de Philippe de Rigaud de Vaudreuil, Québec 16 mai 1719“.

28 Archives Nationales, C11B, vol. 5, f. 75-77, “Arrêt du Conseil sur une lettre de M. de Mézy, 23 août 1720“.

29 Archives Nationales, C11A, vol. 43, f. 320-331v, “Résumé d´une lettre de Vaudreuil datée du 6 octobre 1721 et délibération du Conseil de Marine, 23 Décembre 1721“.

30 Narcisse Dionne: „Les Indiens en France“, in: Revue Canadienne, vol. 26 (1890), S. 658.

31 Cartier´s Commission for his third voyage, October 17, 1540, in: Biggar, A Collection of Documents Relating to Jacques Cartier and the Sieur de Roberval, Ottawa 1930, 128-129.

32 Nelcya Delanoë: “Dernière rencontre, ou comment Baudelaire, George Sand et Delacroix s´éprirent les Indiens du peintre Delacroix“, in: Destins Croisés. Cinq siècles de rencontre avec les Indiens, UNESCO Paris 1992, S. 264.

33 Samuel de Champlain, Works, 3:145, 146.

34 Edme Rameau de Saint-Père, Remarks about the registers from Belle-Isle-en-Mer, (1800s).

35 Denys Delâge, “L´influence des Amérindiens sur les Canadiens et les Français au temps de la Nouvelle-France“, in: Lekton 2, no 2 (Automne 1992), 103-191.

36 Wolfgang Helbich, „Die geschichtliche Entwicklung Kanadas“, in: Kanada: Eine interdisziplinäre Einführung, hg. von Hans Braun und Wolfgang Klooß (Trier, 1992).

37 Jesuit Relations 16:33.

38 Jesuit Relations 11:95.

39 Thwaites 1959, vol. 15, 12ff, 30-34, 50, 54-58 (Jesuit Relations 1638); vol. 17, 114-118 (Jesuit Relations 1639); vol. 19, 112-116, 176ff., 182 (Jesuit Relations 1640). Siehe auch Post, Schamanen, S. 160. “Eine ernsthafte Verletzung oder Tötung der Missionare war nicht vorgesehen, wie die letztlich harmlosen Angriffe dokumentieren. (...) Der formalen, aber keineswegs substantiellen Einwilligung in die Gebote der Missionare korrespondierte die angedrohte, aber eben nur angedrohte und nicht vollzogene Erschlagung der Jesuiten. (...) Die Indianer folgten damit dem kulturell tradierten Modell der Konfliktlösung, das eine konsensuelle Beilegung von Divergenzen bevorzugte."

40 William L. Grant (ed.), Voyages of Samuel de Champlain, 1604-1618, New York 1917, I, p. 323. Edict du Roy pour l’etablissement de la Compagnie de la Nouvelle France, Paris 1657, article XVII, p. 13; Le Journal des Jésuites, 7 Mars 1668; Archivum Romanum Societatis Iesu, Gallia 110, vol. III, fols. 356-357, Archives Nationales Paris, B, vol. 20, f. 279-280, “Instructions to Iberville”, 22nd September 1699.

41 Vgl. Gilles Havard, Empire et métissages. Indiens et Français dans le Pays d´en Haut 1660-1715, Paris 2003, S. 596.

42 ”Lettre de Baron de Lahontan, cf. Nouveaux Voyages”, vol. 1, p. 11 et 12, édition 1703, in: Robert Le Blant, Histoire de la Nouvelle France. Les Sources Narratives de début du XVIIIe siècle et le Recueil de Gédéon de Catalogne, Paris 1940, 29f.

43 Ebd.

44 Zitiert nach John Mack Faragher: “The Custom of the Country: Cross-Cultural Marriage in the Far Western Fur Trade”, in: Lillian Schissel (ed.), Western Women, Albuquerque 1988, S. 199-215, 204.

45 Journal de la navigation de Lemoyne d´Iberville aux côtes septentrionales du golfe du Mexique pour l´occupation du Mississippi (décembre 1698-mai 1699), Pierre Margry (éd.), Découvertes et établissements des Français dans l´ouest et dans le sud de l´Amérique Septentrionale 1614-1754, Paris 1879, vol. 4, S. 176.

46 Zitiert nach Cornelius Jaenen, “Miscegenation in Eighteenth Century New France”, in: Barry Gough/Laird Christie (eds.), New Dimensions in Ethnohistory.Papers of the Second Laurier Conference on Ethnohistory and Ethnology, Ontario 1983, 92.

47 Jesuit Relations 5:211, 10:26.

48 Pierre de Sesmaisons, ”Raisons pour permettre le mariage des Français avec des femmes indigènes”, in : Lucien Campeau, S.J., Monumenta Novæ Franciæ, III Fondation de la mission Huronne (1635-1637), Rome/Québec 1987, S. 36-39.

49 Jesuit Relations, 8:47.

50 Jesuit Relations 9:219.

51 Archives Nationales Paris C11A, vol. 24, f. 240v; Gilles Havard, Empire, S. 138.

52 William L. Grant (ed.), Voyages of Samuel de Champlain, 1604-1618, New York 1917, I, p. 323. Edict du Roy pour l´établissement de la Compagnie de la Nouvelle France, Paris 1657, article XVII, p. 13; Le Journal des Jésuites, 7 Mars 1668; Archivum Romanum Societatis Iesu, Gallia 110, vol. III, fols. 356-357; Archives Nationales, B, vol. 20, f. 279-280, “Instructions to Iberville”, 22 septembre 1699.

53 In der Tat wurde eine beabsichtigte "Mischehe" im Jahr 1707 mit der Begründung verboten, dass die Mutter des Bräutigams ihr Einverständnis verweigert hatte. Dubord dit Latournelle hatte am 27. August eine indianische Frau in der Missionsstation Saint-François heiraten wollen. Siehe in: Archives Nationales de Québec, 03Q_E1, S1,P282, „Ordonnance de l´intendant Jacques Raudot“, 27 août 1707.

54 Diesem war ein Edikt im Jahr 1639 vorausgegangen.

55 Archives du Séminaire de Québec, no 27, Lettre N, Colbert à Laval, 1668.

56 Archives Nationales, C11A, vol. 3: “Arrêt du Conseil donné en faveur des habitants de Canada qui auront dix et 12 enfants vivants non (sans?) prêtres, Religieux et Religieuses”, 3. April 1669, f. 26-29.

57 M. Colbert to M. de Courcelles, 15th May 1669, in: O´Callaghan (ed.), Documents, S. 62.

58 M. Talon to the King, Quebec, 10th October 1670, in: O´Callaghan (ed.), Documents, S. 67-68.

59 Yves Landry, Les Filles du roi au XVIIe siècle, Ottawa 1992; Gustave Lanctot, Filles de joie ou filles du roi. Étude sur l´émigration féminine en Nouvelle-France, Montréal 1952.

60 Archives Nationales, C11A, vol. 6, f 401-402.

61 “The King to Denonville and Champigny”, March 30, 1687 [Archives Nationales, C, B, vol. 13, f. 16-34, C, extract], teilweise abgedruckt in: Brodhead O´Callaghan/Fernow (eds.), Documents Relative to the Colonial History of the State of New York, Albany 1853-1887, Reprint New York 1969, Band 9, 322.

62 Archives Nationales Paris, C11A, vol. 20, f. 167v.: “Callière au Ministre”, Québec 4 novembre 1702.

63 Archives Nationales Paris, C13A, vol. 2, f. 565: “Mémoire sur l´état présent de la colonie de la Louisiane suivant ce que j´en ay appris par Mr de la Vente, supérieur des missions de cette colonie 1710”; C11E, vol. 15, f. 27v: “Cadillac au Ministre”, Détroit 15. September 1708; in: Margry, Découvertes, t. 5, 161, 170; C11A, vol. 17, f. 103; Jesuit Relations 62, S. 200-202; Robert-Lionel Séguin, La vie libertine en Nouvelle-France au XVIIe siècle, Montréal 1972, 47; Richard White, The Middle Ground. Indians, Empires and Republics in the Great Lakes Region 1650-1815, Cambridge 1991.

64 Archives Nationales Paris, C11A, vol. 14,f. 160-161, “Frontenac au Ministre”, Québec 25 octobre 1696.

65 Archives Nationales Paris, C11A, vol. 16, f. 102-126, “Champigny to Pontchartrain”, Québec 14 Octobre 1698, und in : Joseph L. Peyser, Letters from New France. The Upper Country 1686-1783, Chicago 1992, 69-70.

66 Archives Nationales Paris, B, vol. 20, f. 7-280, “Instructions à d´Iberville”, 22 septembre 1699.

67 Archives Nationales Paris, C11A, vol. 14, f. 160-161, “Frontenac au Ministre”, Québec 25 octobre 1696.

68 Archives Nationales Paris, M 204, doss. 4, no 26, S. 1. Anonymous: “Propositions pour travailler sérieusement a ce qui peut contribuer au bien & a l´avantage des Interests du Roy, et de ses sujets au paix [sic] de la nouvelle France”.

69 Archives Nationales Paris, M 204, doss. 4, no 3, Michilimackinac, 30 avril 1702, “Etienne de Carheil à Monseigneur”, S. 4-5.

70 Archives Nationales Paris, M 204, doss. 4, no 2, “Lettre commune Ecrite a la Cour par Messieurs de Callières gouverneur de la Nouvelle France et de Beauharnois Intendant de Justice, police et finances aux Pays/ et de Champigny, Québec, le 3 Octobre 1702”, S. 3.

71 Archives Nationales Paris, C11D, vol. 5, f. 221-221v., “Lettre du ministre au provincial des Récollets de la province de Bretagne”, 5 mai 1706.

72 Archives Nationales Paris, C11D, f. 224, “Ordonnance du Roi”; 22 mai 1706.

73 Archives du Séminaire de Québec, Lettres, R 83, “La Vente to Brisacier”, 4 July 1708, S. 20.

74 Archives du Séminaire de Québec, Lettre B 83, “La Vente, Fort Louis in Louisiana”, 4 Juillet 1708, S. 11.

75 Archives du Séminaire de Québec, Lettres R 83, “La Vente to Brisacier”, 4 July 1708, S. 19-20.

76 Charles Edward O´Neill, Church and State in French Colonial Louisiana. Policy and Politics to 1732, New Haven 1966, S. 77.

77 Mit Dank an Michael Hochgeschwender für diese Informationen.

78 Allan Greer, The People of New France (Toronto, 1999), S. 17.

79 Vgl. Saliha Belmessous, D´un préjugé culturel à un préjugé racial: la politique indigène de la France au Canada, EHESS (Paris, 1999).

80 Alice Conklin, A Mission to Civilize: The Republican Idea of Empire in France and West Africa (Stanford, 1997), S. 20-21.

81 Peter Burke: Languages and Communities in Early Modern Europe (New York/Cambridge, 2004).